Jahressteuergesetz: 14 Hinweise für Kleinunternehmer

By Kiener, Ege & Schirling Steuerberater mbB, Allgemein

Mit dem Jahressteuergesetz 2024 treten insbesondere zur umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung neue Spielregeln in Kraft. Eine Übersicht.

1. Grundsätze zur Kleinunternehmerregelung 2024

Selbstständige Unternehmer, deren Gesamtumsatz im Jahr 2023 nicht über 22.000 Euro lag und deren Gesamtumsatz 2024 voraussichtlich 50.000 Euro nicht überschreiten wird, durften sich umsatzsteuerlich beim Finanzamt nach § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) als Kleinunternehmer registrieren lassen. Die Kleinunternehmerregelung nach aktuellem Recht bedeutet: Ein Selbstständiger darf in seinen Rechnungen an Kunden keine Umsatzsteuer ausweisen. Im Gegenzug hat er bei eigenen betrieblichen Investitionen keinen An­spruch auf eine Vorsteuererstattung. Diese Grundsätze ändern sich durch das Jahressteuergesetz 2024 ab dem 1. Ja­­­nuar 2025 erheblich.

2. Vor- und Nachteile der Kleinunternehmerregelung

Erfüllt ein selbstständiger Unternehmer die Voraussetzungen zur Kleinunternehmerregelung, egal ob aktuelle oder neue Rechtslage ab 1. Januar 2025, wird er bürokratisch entlastet. Die Abgabe der lästigen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Umsatzsteuerjahreserklärung sind für den Kleinunternehmer kein Thema.

Weiterer Vorteil: Privatkunden zahlen weniger als bei selbstständigen Unternehmer, die Um­satzsteuer ausweisen müssen. Das bringt meist Wettbewerbsvorteile. Doch die Klein­­­­unternehmerregelung hat auch Nachteile. Bei größeren Investitionen erstattet das Finanzamt die von anderen Unternehmern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht.

3. Neue Umsatzgrenzen im Jahressteuergesetz 2024

Das Jahressteuergesetz 2024 sieht bei der Kleinunternehmerregelung ab 1. Januar 2025 neue Steuerspielregeln vor. Von der Kleinunternehmerregelung profitieren selbstständige Unternehmer im Steuerjahr 2025, wenn der Gesamtumsatz 2024 nicht mehr als 25.000 Euro betragen hat und im Kalenderjahr 2025 voraussichtlich 100.000 Euro nicht überschreitet. Im Jahr 2025 dürften durch die neuen Umsatzsteuerschwellen also deutlich mehr Unternehmer die Chance auf An­­wendung der Kleinunternehmerregelung bekommen.

4. Neue Definition des Gesamtumsatzes ab 2025

Nach bisheriger Rechtslage (also bis zum 31. Dezember 2024) handelt es sich beim Gesamtumsatz um einen Bruttobetrag. Nach neuer Rechtslage spielt die Umsatzsteuer bei den Schwellenwerten keine Rolle mehr. Für die Frage, ob die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung im Jahr 2025 erfüllt sind, muss für die Umsatzhöchstgrenze 2024 (25.000 Euro) und für die Umsatzhöchstgrenze 2025 (100.000 Euro) auf die Nettobeträge zurückgegriffen werden.

5. Umsätze von Kleinunternehmern ab 2025 umsatzsteuerfrei

Nach bisheriger Rechtslage verzichtete das Finanzamt auf die Umsatzsteuer des Klein­unternehmers, obwohl dieser eigentlich umsatzsteuerpflichtige Leistungen er­­brach­­te. Ab dem Kalenderjahr 2025 sind die Umsätze eines Kleinunternehmers nach § 19 UStG umsatzsteuerfrei.

6. Überschreitung der Umsatzgrenze des laufenden Jahres – altes Recht

Wurde der Umsatz von 50.000 Euro nach altem Recht überschritten, war das für die Kleinunternehmerreglung unschädlich. Der Kleinunternehmer durfte die Kleinunternehmerregelung bis zum Ende des Kalenderjahrs weiterhin anwenden. Beispiel: Eine selbstständige Unternehmerin hatte 2023 einen Umsatz von 18.000 Euro und prognostizierte einen Gesamtumsatz 2024 von 40.000 Euro. Deshalb ließ sie sich beim Finanzamt für 2024 als Kleinunternehmerin nach § 19 UStG registrieren. Der Umsatz 2024 betrug jedoch überraschenderweise 70.000 Euro.

Folge nach altem Recht: Obwohl der Höchstbetrag von 50.000 Euro nach altem Recht im ­laufenden Jahr 2024 überschritten wurde, profitiert die Unternehmerin bis zum 31. De­­­­­zember 2024 von der Kleinunternehmerregelung.

7. Überschreitung der Umsatzgrenze des laufenden Jahres – neues Recht

Ab 2025 ticken die Uhren hier anders. Wird die 100.000-Euro-Grenze überschritten, kommt die Kleinunternehmerregelung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Anwendung. Beispiel: Die Umsätze eines selbstständigen Unternehmers liegen 2024 bei 20.000 Euro. Im Jahr 2025 erwartet er einen Umsatz von höchstens 80.000 Euro. Deshalb lässt er sich für 2025 als Kleinunternehmer beim Finanzamt registrieren. Doch das Geschäft läuft 2025 besser als erwartet und bereits am 1. Oktober 2025 beträgt der Gesamtumsatz mehr als 100.000 Euro.

Folge nach neuem Recht: Die Umsätze bis zum 30. September 2025 bleiben nach der neuen Kleinunternehmerregelung umsatzsteuerfrei. Ab 1. Oktober muss der selbstständige Unternehmer in seinen Rechnungen Umsatzsteuer ausweisen, weil er die 100.000-Euro-Grenze überschritten hat.

8. Überwachung des Gesamtumsatzes ein Muss

Wendet ein Selbstständiger 2025 die neue Kleinunternehmerregelung an, muss er seinen Gesamtumsatz laufend überwachen, sollte er in die Nähe von 100.000 Euro kommen. Denn wendet ein Unternehmer die Kleinunternehmerregelung trotz Überschreitung der 100.000-Euro-Grenze weiterhin an und das Finanzamt bemerkt das, muss er für nicht ausgewiesene Umsatzsteuer geradestehen, sie also zwingend auf eigene Kosten ans Finanzamt abführen.

9. Kleinunternehmerregelung im Gründungsjahr – altes Recht

Eröffnete ein Unternehmer nach altem Recht seinen Betrieb während des Jahres, musste er bei Beantragung seinen Gesamtgewinn schätzen und auf einen Zwölf-Monatszeitraum hochrechnen. Beispiel: Ein Unternehmer machte sich 2024 am 1. Oktober 2024 selbstständig und schätzte von Oktober bis Dezember einen Umsatz von 9.000 Euro. Er beantragte die Anwendung der Kleinunternehmerregelung, da im ersten Jahr für die Kleinunternehmerregelung ein Gesamtumsatz von 22.000 Euro maßgeblich war und dieser Um­satz 2024 augenscheinlich nicht überschritten wurde.

Folge: Das Finanzamt lehnte hier nach altem Recht die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ab. Begründung: Der Umsatz 2024 von Oktober bis Dezember 2024 muss auf zwölf Monate hochgerechnet werden und betrug somit 36.000 Euro (Umsatz 9.000 Euro : 3 Monate x 12 Monate).

10. Kleinunternehmerregelung im Gründungsjahr – neues Recht

Nach neuer Rechtslage ab 1. Januar 2025 aufgrund des Jahressteuergesetzes muss der Gesamtumsatz 2025 nicht mehr auf zwölf Monate hochgerechnet werden, wenn der Betrieb im Laufe des Jahres 2025 gegründet wird. Beispiel: Eine Unternehmerin gründet im Mai 2025 ihren Handwerksbetrieb, kalkuliert Umsätze von Mai bis Dezember in Höhe von 24.000 Euro und beantragt deshalb die neue Kleinunternehmerregelung für 2025, da als maximaler Gesamtumsatz 2025 im Gründungsjahr die Umsatzschwelle von 25.000 Euro maßgeblich ist. Das Finanzamt muss dem Antrag auf Anwendung der Kleinunternehmerregelung zustimmen. Doch sobald der Gesamtumsatz 2025 über 25.000 Euro klettert, muss die selbstständige Unternehmerin erstmals Umsatzsteuer in ihren Rechnungen ausweisen.

11. Kleinunternehmerregelung auch in anderen EU-Staaten

Führt ein in Deutschland ansässiger selbstständiger Unternehmer, der sich im Jahr 2025 als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer bei einem deutschen Finanzamt registriert, auch im EU-Ausland Leistungen aus, profitiert er erstmals auch im EU-Ausland von der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung, sollte sein Umsatz 2025 im EU-Ausland nicht mehr als 100.000 Euro betragen. Dazu wird durch das Jahressteuergesetz ein besonderes Meldeverfahren eingeführt. Zuständig wird das Bundeszentralamt für Steuern sein. Informationen dazu, wie das besondere Antragsverfahren funktioniert, werden noch zur Verfügung gestellt. Das bringt Kleinunternehmern, die auch in anderen EU-Staaten Handwerksarbeiten ausführen, erhebliche finanzielle Vorteile. Sie brauchen keinen Steuerberater, der sich mit dem ausländischen Umsatzsteuerrecht auskennt.

12. Verzichtserklärung und Widerruf – altes Recht

Wer die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung nach altem Recht aktuell erfüllt und sich entweder nicht als Kleinunternehmer beim Finanzamt registrieren lässt oder ab 1. Januar auf die bisher angewandte Kleinunternehmerregelung verzichtet, ist an dieses Wahlrecht fünf Jahre gebunden. Nach einer Regelung im Wachstumschancengesetz musste der Widerruf beziehungsweise der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung seit diesem Jahr bis zum Ablauf des zweiten Kalenderjahrs, das auf das Jahr, in dem die Kleinunternehmerregelung angewandt wurde, folgt, erklärt werden.

13. Verzichtserklärung und Widerruf – neues Recht

Nach neuem Recht haben Kleinunternehmer sogar zwei Monate länger Zeit, um dem Finanzamt gegenüber mitzuteilen, dass die Kleinunternehmerregelung nicht beziehungsweise nicht mehr angewandt werden soll. Der Verzicht oder Widerruf kann bis zum letzten Tag des Monats Februar des übernächsten Kalenderjahrs erklärt werden. An diesen Verzicht oder Widerruf ist der Unternehmen dann die nächsten fünf Jahre gebunden.

14. Formalien zur Rechnung ab 2025

Erfüllt ein Unternehmer 2025 die Voraussetzungen für die neue Kleinunternehmerregelung und lässt sich beim Finanzamt als Kleinunternehmer registrieren, muss er in seiner Rechnung einen Hinweis einfügen, dass für die Lieferung oder Leistung die Steuerbefreiung im Rahmen der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG gilt. Umsatzsteuerliche Klein­unternehmer müssen ab 1. Januar 2025 zwar in der Lage sein, von inländischen Unternehmen E-Rechnungen zu empfangen. Für Kleinunternehmer gilt aber keine Verpflichtung, selbst E-Rechnungen auszustellen.