Recht auf Lücke?

By Kiener, Ege & Schirling Steuerberater mbB, Allgemein

Sind lückenlos fortlaufende Rechnungsnummern Pflicht?

Ausgestellte Rechnungen müssen fortlaufende Rechnungsnummern tragen. Doch was passiert, wenn das Finanzamt bei einer Prüfung feststellt, dass einzelne Nummern fehlen? Eine Argumentationshilfe für Unternehmer.

Ermittelt ein selbstständiger Handwerker seinen Gewinn nach der Einnahmen-Überschussrechnung gemäß Paragraph 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz, wird das Finanzamt bei einer Steuerprüfung besonders die Ausgangsrechnungen in Augenschein nehmen. Denn sind Lücken bei den Rechnungsnummern vorhanden, droht eine Zuschätzung zum Umsatz und Gewinn. Darf das Finanzamt das wirklich?

Steuerprüfung: Grundsätze zu Rechnungsnummern

Zumindest bei einer Steuerprüfung hat der Prüfer des Finanzamts das Recht, die an Kunden und Geschäftspartner versandten Ausgangsrechnungen anzuschauen. Fällt dabei auf, dass die Rechnungsnummern lückenhaft sind, kann das tatsächlich ein Indiz dafür sein, dass nicht alle Einnahmen in der steuerlichen Gewinnermittlung erfasst sind. Kann ein selbstständiger Handwerker die Lücken nicht plausibel erklären und findet das Finanzamt unerklärbare Geldeinlagen aus dem Privatvermögen, ist eine Zuschätzung zum Umsatz und zum Gewinn erlaubt (BFH, Beschluss v. 23.5.2023, Az. X B 111/22).

Rechte des Unternehmers bei Steuerprüfung

Hinweise, dass ein Unternehmer „fortlaufende“ Rechnungsnummern vergeben muss, findet man nur in einer umsatzsteuerlichen Vorschrift. Nämlich in Paragraph 14 Absatz 4 Nummer 4 Umsatzsteuergesetz. Dort steht schwarz auf weiß Folgendes:

„Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

  • eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer)“

Stellt das Finanzamt im Rahmen einer Steuerprüfung Lücken bei den Rechnungsnummern fest und der Unternehmer kann diese plausibel begründen, wird das Finanzamt von einer Zuschätzung zum Umsatz und Gewinn absehen.

Diese Argumente helfen bei einer Steuerprüfung

Insbesondere die folgenden Argumente bei lückenhaften Rechnungsnummern können bei einer Steuerprüfung helfen:

  • Gibt es nicht viele Kunden und Geschäftspartner, müssen diese nicht wissen, wie viele Rechnungen der Handwerksbetrieb im Jahr stellt. Aus diesem Grund kann es Sinn ergeben, die Rechnungsnummern immer nur im 5er-Schritten zu nummerieren (z.B. Rechnung 5, Rechnung 10, Rechnung 15). Kann diese Systematik nachgewiesen werden, besteht kein Raum für Hinzuschätzungen.
  • Fehlerhafte Rechnungen wurden durch neue Rechnungen ersetzt. Hier hilft es, dem Finanzamt die fehlerhafte, zurückgezogene und nicht verbuchte Ausgangsrechnung in Kopie samt Schrift- bzw. E-Mail-Verkehr mit dem Rechnungsempfänger zusammen mit der korrekten Rechnung mit der neuen Rechnungsnummer vorzulegen.
  • Können die Lücken bei den Rechnungsnummern im Rahmen der Steuerprüfung nicht aufgeklärt werden, darf das Finanzamt keine Hinzuschätzung vornehmen, wenn es keine anderen hieb- und stichfesten Nachweise für nicht erfasste Einnahmen vorbringen kann. Möchte das Finanzamt Hinzuschätzungen vornehmen, ist es in der Beweislast, dass tatsächlich Einnahmen nicht erfasst wurden.

Geldverkehrsrechnung bei Steuerprüfung

Werden Lücken bei den Rechnungsnummern im Rahmen einer Steuerprüfung gefunden, wird der Prüfer versuchen, Nachweise für nicht erfasste Einnahmen zu finden. Dazu wird er eine Geldverkehrsrechnung durchführen, bei der alle betrieblichen und privaten Einnahmen und Ausgaben erfasst werden. Hier soll geklärt werden, ob die erzielten Einnahmen überhaupt ausgereicht haben, alle betrieblichen und privaten Ausgaben zu bestreiten. Zum anderen wird das Finanzamt im Rahmen einer Geldverkehrsrechnung nachhaken, wenn laufend Geldeinlagen aus dem Privatvermögen erfolgen. Kann hier nicht geklärt werden, woher dieses Geld stammt, kann das Finanzamt bei Lücken in den Rechnungsnummern unterstellen, dass nicht alle Einnahmen korrekt aufgezeichnet wurden und darf Hinzuschätzungen vornehmen.

Grenzen zur Hinzuschätzung bei Steuerprüfung

Das Finanzamt wird in Höhe der festgestellten Differenzen aus der Geldverkehrsrechnungen den Umsatz und den Gewinn erhöhen und dementsprechend Steuern nachfordern. Doch hiergegen lohnt sich Gegenwehr. Es empfiehlt sich, stattdessen einen Sicherheitszuschlag von zwei bis fünf Prozent des Umsatzes vorzuschlagen, sollte das zu einer niedrigeren Zuschätzung führen. Eine im Rahmen der Steuerprüfung vorgenommene Zuschätzung des Differenzbetrags aus der Geldverkehrsrechnung scheint sehr willkürlich und somit ermessensfehlerhaft.