Scheinselbstständigkeit kann für Arbeitgeber teuer werden

By Melanie Fussnegger, Allgemein, Kanzlei News

Bauarbeiter, die im Wesentlichen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen und kein Unternehmerrisiko tragen, sind abhängig beschäftigt, so ein Urteil des Landessozialgerichtes Hessen. In dem verhandelten Fall ging es um Nachzahlungen in Höhe von rund 100.000 Euro.

Bauarbeiter, die im Wesentlichen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen und kein Unternehmerrisiko tragen, sind abhängig beschäftigt. Die beauftragende Baufirma kann sich nicht auf einen Nachunternehmervertrag berufen, wenn dieser lediglich die tatsächlichen Verhältnisse verschleiern sollte, um der gesetzlichen Sozialabgabepflichten zu entgehen. Dies entschied in einem nun veröffentlichten Urteil der 8. Senat des Hessischen Landessozialgerichts (Az. L 8 BA 51/20).

Eine Baufirma aus Kassel ließ drei ungarische Männer, die eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet hatten, Trockenbauarbeiten verrichten. Sozialversicherungsbeiträge wurden für die im Landkreis Kassel wohnenden Bauarbeiter, die insbesondere Säulen mit Brennschutzplatten verkleideten, nicht gezahlt.

Bei einer Betriebsprüfung stellte die Deutsche Rentenversicherung fest, dass die drei Männer als sogenannte Scheinselbstständige abhängig beschäftigt gewesen seien und forderte von der Baufirma Sozialversicherungsbeiträge (inklusive Säumniszuschlägen) in Höhe von rund 100.000 Euro.

Der Inhaber der Baufirma widersprach und verwies auf den abgeschlossenen Nachunternehmervertrag. Die Bauarbeiter hätten pro verkleideter Säule einen Festbetrag von 10 beziehungsweise 11 Euro erhalten. Bei circa zwölf Minuten Arbeitszeit pro Säule hätte der Stundenlohn bei rund 45 Euro gelegen. Zudem hätten sie einen eigenen Firmenbus sowie eigene Arbeitsmaterialien eingesetzt und seien auch für andere Auftraggeber tätig gewesen. Daher sei von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen. Die Klage des Inhabers der Baufirma gegen den Beitragsbescheid war in beiden Instanzen erfolglos.

Abhängig sozialversicherungspflichtig beschäftigt

Das Sozialgericht Kassel und das Landessozialgericht Hessen stellten fest, dass eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen habe.

Der Inhaber der Baufirma habe die drei Bauarbeiter zumeist in seinem Bus zu den Baustellen gefahren. Dort hätten sie die ihnen zugewiesenen Säulen mit Brennschutzplatten versehen müssen. Material und Werkzeug sei ihnen gestellt worden, ein eigener Firmenbus habe ihnen nicht zur Verfügung gestanden. Die kaum Deutsch sprechenden Bauarbeiter hätten lediglich ihre persönliche Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und seien in den Betrieb der Baufirma eingegliedert gewesen. Ein Unternehmerrisiko hätten sie nicht getragen. Bei einer Arbeitszeit zwischen 20 und 60 Minuten pro Säule und dem vereinbarten Festpreis hätten sie ein selbstständiges Unternehmen nicht führen können.